Es geht hier definitiv nicht um eine verbindliche Rechtsberatung. Vielmehr versuche ich immer die Dinge zu definieren und klarzustellen. In der Praxis wird immer alles in einen Topf geworfen, falsche Assoziationen gemacht und am Ende ist alles ein Lotteriespiel.
Informationen in diesem Format haben eine hohe Informationsdichte und verzichten auf schöne Worte und schmeichelnde Formulierungen. Darum komme ich gleich zum Punkt
Die HOAI 202X ist eine in Entwicklung befindliche Reform der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Auch wenn die endgültigen Details noch nicht veröffentlicht wurden, gibt es bereits einige zentrale Punkte und erwartete Änderungen, die voraussichtlich in die neue Version aufgenommen werden:
- Orientierungshilfe statt Preisbindung:
- Wie die HOAI 2021 wird auch die HOAI 202X voraussichtlich keine preisrechtlich bindenden Vorgaben enthalten, sondern als Orientierungshilfe dienen. Dies folgt aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI 2013 als unvereinbar mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie ansah.
- Änderungen bei Honorarzoneneingruppierung:
- Es wird erwartet, dass die HOAI 202X Anpassungen bei der Honorarzoneneingruppierung vornehmen wird, um den aktuellen Anforderungen und Marktbedingungen besser zu entsprechen.
- Einbeziehung der BIM-Methode (Building Information Modeling):
- Die HOAI 202X wird die BIM-Methode stärker berücksichtigen und deren Einsatz in der Planungs- und Bauphase detaillierter regeln. BIM ermöglicht eine bessere Koordination und Transparenz in Bauprojekten und erfordert spezifische Honorare.
- Berechnung des Umbauzuschlags bei neuen technischen Anlagen im Altbau:
- Es sind Änderungen bei der Berechnung des Umbauzuschlags geplant, insbesondere bei der Integration neuer technischer Anlagen in bestehende Gebäude. Dies soll die Planungssicherheit und die Kostentransparenz erhöhen.
Zusammenhang zwischen HOAI 202X und BGB
Mit der Lockerung der Preisbindung in der HOAI wird das BGB als „Honorarinstrument“ zunehmend wichtiger. Dies führt zu einer erhöhten Vertragsfreiheit zwischen Planern und Auftraggebern, wodurch die konkrete Vertragsgestaltung, einschließlich des Honorars, vermehrt im BGB geregelt wird.
Wichtige Paragraphen des BGB in diesem Zusammenhang:
- § 650p BGB – Zielfindungsphase:
- Diese Phase dient dazu, dass Planer und Auftraggeber die wesentlichen Ziele des Bauvorhabens festlegen. Dies ist wichtig, um Klarheit über den Projektumfang und die Anforderungen zu schaffen.
- § 650q BGB – Vergütungsanpassung bei Anordnungen:
- Regelt die Vergütungsanpassung, wenn der Auftraggeber Änderungen anordnet, die über den ursprünglichen Vertragsinhalt hinausgehen. Dies ist besonders relevant bei Planungsänderungen und zusätzlichen Leistungen.
Bedeutung für Planer und Auftraggeber
Die Reform der HOAI und die stärkere Bedeutung des BGB bedeuten für Planer und Auftraggeber:
- Mehr Flexibilität bei der Honorargestaltung:
- Die Vertragsparteien haben mehr Freiheit, individuelle Vereinbarungen zu treffen, was zu einer besseren Anpassung an die spezifischen Projektanforderungen führen kann.
- Wichtigkeit klarer Vertragsvereinbarungen:
- Es ist unerlässlich, dass die Verträge klare Leistungsvereinbarungen und Regelungen zu Honoraranpassungen enthalten, um Streitigkeiten zu vermeiden.
- Kenntnis der relevanten BGB-Regelungen:
- Planer müssen die relevanten Regelungen im BGB kennen und bei der Vertragsgestaltung berücksichtigen, um rechtlich abgesichert zu sein und faire Vereinbarungen zu treffen.
Wir werden immer wieder gefragt, wie die Gewichtung von VOB, BGB, HOAI und DIN 276 in der Praxis ist.
Hier ist eine Übersicht, wie diese Regelwerke gewichtet und angewendet werden:
1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Das BGB bildet die allgemeine gesetzliche Grundlage für Werkverträge, einschließlich Bauverträge und Architektenverträge. Es regelt grundlegende Vertragsbeziehungen und ist immer anwendbar, sofern keine spezielleren Regelungen greifen.
- Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB): Regelt die Rechte und Pflichten von Auftraggeber und Auftragnehmer.
- § 650p BGB – Zielfindungsphase: Festlegung der Projektziele.
- § 650q BGB – Vergütungsanpassung bei Anordnungen: Anpassung der Vergütung bei nachträglichen Änderungen durch den Auftraggeber.
2. Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)
Die VOB ist ein speziell auf Bauleistungen zugeschnittenes Regelwerk und besteht aus drei Teilen: VOB/A (Vergabe), VOB/B (Vertragsbedingungen) und VOB/C (Technische Bestimmungen).
- VOB/B – Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen:
- § 2 VOB/B: Regelungen zur Vergütung bei Änderungen und Zusatzleistungen.
- § 3 VOB/B: Ausführungspflichten des Auftragnehmers.
Die VOB/B wird oft in Bauverträgen vereinbart, um präzisere und bauspezifische Regelungen als das BGB anzuwenden. Wenn die VOB/B wirksam in den Vertrag einbezogen wird, hat sie Vorrang vor den allgemeinen Regelungen des BGB, soweit keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen.
3. Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)
Die HOAI regelt die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen und stellt sicher, dass diese angemessen und transparent sind. Sie dient als Orientierungshilfe, seitdem die EuGH-Entscheidung die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze aufgehoben hat.
- § 6 HOAI – Kostenermittlung: Stufen der Kostenermittlung (Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag, Kostenfeststellung).
- § 10 HOAI – Leistungsphasen: Detaillierte Beschreibung der Leistungsphasen, insbesondere in Bezug auf Kostenermittlung und -kontrolle.
4. DIN 276 – Kosten im Bauwesen
Die DIN 276 ist eine Norm, die die Ermittlung, Gliederung und Berechnung von Baukosten standardisiert. Sie wird häufig in Verbindung mit der HOAI und der VOB angewendet, um eine konsistente und transparente Kostenermittlung sicherzustellen.
- Kostengliederung: Definiert die Struktur der Kosten (z.B. Kostengruppen 100-700).
- Kostenermittlungsmethoden: Unterscheidet zwischen verschiedenen Stufen der Kostenermittlung (Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag, Kostenfeststellung).
Gewichtung und Anwendung in der Praxis
- Vertragsgestaltung: Die Gewichtung der Regelwerke richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. In einem Bauvertrag kann festgelegt werden, dass die VOB/B anstelle der allgemeinen Regelungen des BGB gilt, sofern dies ausdrücklich vereinbart wurde.
- Planungs- und Honorarfragen: Hierbei ist die HOAI maßgeblich, insbesondere für die Leistungsphasen und die Honorarermittlung. Die DIN 276 dient als unterstützendes Instrument zur standardisierten Kostenermittlung.
- Rechtsstreitigkeiten: Bei rechtlichen Auseinandersetzungen wird das BGB herangezogen, um allgemeine Vertragsfragen zu klären, während spezifische Fragen nach VOB/B und HOAI beurteilt werden, sofern diese Regelungen vertraglich einbezogen wurden.
Was wir daraus lernen?
Im Workflow spielen der Vertrag und die Rechtsgrundlage eine wichtige Rolle. Wir sehen so oft, dass Dinge nicht ordentlich vereinbart werden. Dabei liegt das Übel an der Unkenntnis der wahren Umstände. Beobachten Sie mal, wie oft sie in Meetings und Diskussionen mit dem Auftraggeber sind und sich fragen: “Wieso diskutiere ich das überhaupt?”